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Frühling auf dem Samerberg
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„Wir wollen bleiben wie wir sind!“
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Bauernhöfe mit Urlaubern in Oberbayern bieten authentisches Leben in Deutschland
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Authentizität bedeutet: keine Kompromisse mit seinen Werten und Ansichten einzugehen, nur um es irgendwem recht zu machen oder anderen zu imponieren. Kris Stelljes
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Grainbach in Oberbayern
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Die Bäuerin Roswitha Estermann krault den Kopf von Fanny, die das offensichtlich gern hat. Fanny ist eine der 20 Milchkühe, die im Stall gleich neben ihrem Bauernhaus stehen. Ihr Ehemann Konrad schiebt den Tieren mit der Forke Futter an die Gatter, Heu aus alter Ernte. „Die Tiere spüren mit dem Frühlingswetter, dass es bald hinaus auf die Alm geht“, erzählt die Bäuerin. „Da oben haben sie dann ihr Paradies auf Erden“.
Ihr Bauernhof besteht seit knapp 300 Jahren (1730) und liegt mitten in dem kleinen Dörfchen Grainbach. Es gehört zu mehreren Dutzend kleiner Gemeindeorte rund um den Samerberg in Oberbayern. Samerberg ist eine ländliche Vorgebirgsregion und hat sich schon seit jeher auch dem Tourismus verschrieben.
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Das Estermann-Haus
Bäuerin Roswitha Estermann
Bauer Konrad Estermann
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Der größte Berg und gleichzeitig das beliebteste Wanderziel am Samerberg ist die 1569 m hohe Hochries. Auf ihr gibt es ausgebaute Spazier- und Wanderwege und einige bewirtschaftete Hütten. Der Berggipfel kann auch über einen Sessellift und eine Seilbahn erreicht werden.
Eine Landschaft für einen entspannten, ländlich authentischen Urlaub. Attraktive Quartiere sind für die Urlauber die traditionsreichen Bauernhöfe. Insgesamt 19 von ihnen sowie zwei im Familienbetrieb geführte Hotels haben sich zu Wanderhöfen zusammengeschlossen. Sie kämpfen darum, ihre Jahrhunderte alten Familienbetriebe zu erhalten.
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Bauern mit Herz und Seele
Einige Bäuerinnen von den Wanderhöfen haben sich auf dem Bauernhof der Estermanns versammelt. Sie sitzen in der guten Stube mit Roswitha und Konrad an einem langen Holztisch zusammen, auf dem Bier und Brezeln verteilt sind. Ihr großes Thema ist der Urlaub, den sie den Gästen rund um den Samerberg bieten. „Wir haben uns zusammengeschlossen, denn ein einzelner Hof kann nicht so viel erreichen wie wir alle miteinander.“ sagt Roswitha und bringt es auf den Punkt: „Uns liegt am Herzen, unsere Höfe, das zu Hause unserer Familien, welche über Jahrhunderte gewachsen sind, zu erhalten.“ Sie alle sind mit Herz und Seele Bauern und wollen das auch bleiben.
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Doch allein mit ihrer Landwirtschaft können die Bauernfamilien auf dem kargen Boden im Vorgebirge und mit ruinösen Erzeugerpreisen für Milch- und Fleisch nicht überleben. Seit vielen Jahrzehnten ist es zu einer guten Tradition geworden, in ihren meist geräumigen altehrwürdigen Bauernhäusern an die Urlauber schick und modern ausgebaute Ferienwohnungen und Zimmer zu vermieten.
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Wir sind kein Landhotel mit Streichelzoo
Doch es gibt ein Problem. Die Bauern können keinen Wettlauf um mehr Sterne und Service für die Gäste mit solchen Quartieren aufnehmen, die keine Landwirtschaft betreiben. „Wir sind kein Landhotel mit Hotelküche und einem Streichelzoo“, bekräftigt Klara Wieshölzer vom Moserhof.
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„Natürlich freuen wir uns über die persönlichen Kontakte zu unseren Gästen auf dem Hof und nehmen uns gern die Zeit für einen 'Ratsch' (ungezwungene Unterhaltung) zwischendurch. Aber wir müssen uns um unsere Kühe und Kälber kümmern.“ Und Roswitha Estermann ergänzt: „Die Urlauber, die zu uns kommen, akzeptieren, dass wir Zeit für die Tiere brauchen. Hier bei uns bekommen sie das wirkliche Leben auf dem Dorf mit.“ Ein Horror wäre für die Frauen, wenn zukünftig die Urlauber Kurse belegen müssten, um zu erfahren, dass die Kuh nicht lila angestrichen ist und wie es früher einmal auf dem Lande aussah. Ihre einhellige Meinung: “Das wollen wir nicht. Wir möchten uns nicht aufgeben.“
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Exklusiv: Wanderrouten vom Bauernhof
Mit ihren Wanderhöfen, die sie gemeinsam im Internet auf einer Wanderhof-Seite vermarkten, wollen sie gegensteuern. Sie bieten als Service Wanderrouten, deren Ausgangspunkt das jeweilige Quartier im Wanderhof ist. Sie verleihen auch Wanderstöcke und selbst einen Rucksack können die Gäste bei Bedarf erhalten.
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Aussichts-Kapelle
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„Leider können wir Gastgeber nur ganz selten einmal die Urlauber beim Wandern begleiten“, bedauert Roswitha. „Aber unsere Gäste wissen, dass wir auf unseren Höfen, täglich lange und hart arbeiten, damit die Kuh noch Kuh sein darf. Sie können nicht nur auf der Alm, sondern ganz natürlich in unseren Stall zur Fanny gehen und ihr den Kopf kraulen. Sie mag das.“
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Übrigens haben Roswitha Estermann und die anderen Bäuerinnen der Wanderhöfe noch eine Empfehlung.
Die bayrischen Bergbauernprodukte wie aus der Privatkäserei „Bergader“, in dem auch die Milch aus ihren Kühen verarbeitet ist, sollte jeder in seinem Einkaufcenter zu Hause kaufen und testen. Noch besser schmeckt er allerdings vor Ort beim Besuch ihrer Wanderhöfe.
i. B. links: Käse von Bergbauern
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Arbeiten, wo andere Urlaub machen
Einige Wochen vor dem Almauftrieb fährt Konrad Estermann mit seinem Traktor zunächst einen Feldweg und dann weiter einen Waldweg hoch zu seiner Alm. Von Mai bis weit in den Oktober wird er diesen Weg täglich zurücklegen, um seine Kühe zu melken. Ein hartes Stück Arbeit, für viele kaum vorstellbar. Aber Bauer Konrad sieht diese tägliche Herausforderung in keiner Weise dramatisch. „Wir arbeiten da, wo andere Urlaub machen. Man muss seinen Beruf zum Hobby machen, dann funktioniert es“, meint Konrad knapp. Und unsere täglich frisch gemolkene Milch schmeckt am besten und das liegt einfach daran, dass die Kühe hier nur das Beste zu Fressen kriegen.“ Und außerdem muss man feststellen, die Tiere haben hier oben eine wunderbare Aussicht in die Natur.
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Auf der Alm
Reparatur des Weidezauns
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Bauer Konrad hat mit seinem Traktor ein halbes Dutzend Hölzer hoch transportiert. Ältere schon morsche Hölzer im Gatter der Alm müssen ersetzt werden. Mit einer Hand hält er das Holzstück. In der anderen Hand schwingt er einen riesigen Holzhammer mit langem Stiel und schlägt die Pflöcke ein. Auch mit zwei Händen (!) ist dieser Hammer nur mühsam ein wenig anzuheben. Wie schafft er das mit einer Hand? Da ist Konrad Estermann nur ein Grinsen zu entlocken und schließlich die Bemerkung: “Alles Gewohnheitssache.“
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Identität durch bayrische Schmankerl
Ihr kleines Dörfchen Grainbach mit etwa 500 Einwohnern hat sich nicht allein mit seinen Bauernhöfen, sondern auch mit Gasthäusern heimatliche Identität bewahren können. Während anderswo Dorfgemeinschaften längst ihre einzige Dorfkneipe zu Grabe tragen mussten, gibt es im Ort noch insgesamt drei (!) Gasthöfe.
Da ist das Dorfwirtshaus „Alpenrose“ am Kirchplatz mit saisonaler Küche, gepflegtem Restaurant und lauschigem Biergarten, bewirtschaftet von drei Generationen einer Familie. Dann der Gasthof Moser, ein bodenständiges Wirtshaus mit einem Biergarten unter Bäumen sowie das Hotel „Zur Post“ mit Restaurant. Auch die nur wenigen Kilometer entfernt liegenden Nachbardörfer wie Törwang mit dem legendären „Entenwirt“ sind gut mit Gaststätten bestückt. Hier steht ausschließlich bayrische Küche auf der Speisekarte. Und niemand vermisst Frühlingsrollen, asiatische Nudelsuppe oder Döner Kebab und wird sie hier auch nicht finden.
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Biergarten Gasthof Moser
Ausschank "Zum Entenwirt"
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Bayrische Schmankerl stehen unverrückbar auf den Speisekarten: Leberspätzle-Suppe, ofenfrischer Schweinebraten, Söchtenauer Lachsforellen-Filet und zarter Kalbstafelspitz und Meiserl (Rindfleisch). Scheinbar haben es nur die Pute „Hawai“ und der Schwaben-Teller geschafft, sich in die bayrische Topf- und Pfannen-Dominanz einzuschmuggeln. Wer lässt sich da nicht mit Genuss von der bayrischen Identität überzeugen.
www.estermannhof.de www.samerberg.de www.trachtenverein-grainbach.de
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Text und Fotos: Ronald Keusch, Mai 2016
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Teil 1 | Seitenanfang
Teil 2 | „Ein Dorf spielt Theater“
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